Meldet ein Versicherungsnehmer einen möglichen Schaden nicht seiner Kfz-Versicherung und erfährt die Versicherung über andere Wege (bspw. Polizeibericht und Zeugenaussagen) über einen möglichen Schaden, so kann der Versicherer den Schaden selbständig regulieren, auch wenn der Versicherungsnehmer den Schaden vehement bestreitet.

Die Kosten für ein vom Versicherungsnehmer selbst in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten muss der Versicherer hingegen nicht übernehmen, so ein Urteil des Amtsgerichts München (Az.: 331 C 13903/12).

Im konkreten Fall fuhr eine Versicherungsnehmerin beim Ausparken mehrfach gegen ein anderes Fahrzeug. Die Versicherungsnehmerin entfernte sich nach eigenständigem Überprüfen, ob ein Schaden entstanden ist oder nicht, vom Unfallort. Sie war der Meinung, dass kein Schaden entstanden sei.

Der geschädigte Fahrzeughalter war jedoch anderer Meinung und verständigte die Polizei. Im eingeleiteten Ermittlungsverfahren bestätigten Zeugen, dass die Frau mehrfach gegen das andere geparkte Fahrzeug fuhr und einen Schaden verursachte.

Trotz gegensätzlicher Meinung der Versicherungsnehmerin regulierte der Versicherer den Schaden, woraufhin die Versicherungsnehmerin eigenständig ein Sachverständigengutachten anfertigen ließ, welches beweisen sollte, dass der Schaden am gegnerischen PKW nicht von ihrer Ausparkaktion entstand. Die Kosten des Gutachtens wollte sie von ihrer Versicherung erstattet bekommen, da dieses Gutachten ihrer Meinung nach der Versicherer hätte selbständig in Auftrag geben müssen.

Der Versicherer verweigerte die Kostenübernahme, was letztendlich das Gericht bestätigte. Der Versicherer habe einen Ermessensspielraum ausgenutzt, in dem er eine Regulierung vornehmen kann.

Lt. VVG (Versicherungsvertragsgesetz) hafte der Versicherer direkt, sodass bei ihm die Entscheidung zur Regulierung liege.

Schon alleine aus wirtschaftlichen Erwägungen, könne der Versicherer eine Regulierung vorziehen, anstatt weitere Ermittlungen den Vorrang zu geben – da hierdurch Prozessrisiko und evtl. eine Schadenserhöhung besteht.

Alleine durch die Zeugenaussagen könne der Versicherer davon ausgehen, dass der Versicherungsnehmer für den Schaden verantwortlich sei, bzw. es nicht mehr auszuschließen ist, so das Gericht.

Tipp:

Für die Versicherungsnehmerin heißt dieser Schaden ein höherer Beitrag der Kfz-Versicherung, da der Schadenfreiheitsrabatt zurückgestuft wurde, weshalb sie sich auch so vehement wehrte.

Auch vor anderen Gerichten wurde schon bei ähnlichen Fällen so entschieden!

Da der Kfz-Haftpflichtversicherer immer bei solchen Fällen selbst betroffen ist, darf er auch entscheiden, so bspw. der BGH im Jahr 1980 (Az.: IVa ZR 25/80).

Sind Ansprüche gegen den Versicherer jedoch klar unbegründet und dies leicht nachweisbar, so muss der Versicherer erst den Versicherungsnehmer befragen, so das Amtsgericht Duisburg im Jahr 2003 (Az.: 74 C 3946/03).

Vor dem OLG Hamm wurde im Jahr 2005 einem Versicherer das selbständige Zahlungsrecht zugesprochen, da im Polizeibericht die Schuld beim Versicherungsnehmer gesehen wurde, obwohl dieser eine andere Auffassung des Unfalls hatte (Az.: Az. 20 W 28/05).


Sebastian Ohligschläger
Sebastian Ohligschläger

Über den Autor Sebastian Ohligschläger: Sebastian Ohligschläger ist Gründer und Inhaber des freien Finanz- und Versicherungsmaklers Ohligschläger & Berger. Als Spezialist für Cyberversicherungen berät er Firmenkunden bundesweit und schreibt regelmäßig über Sachverhalte aus der Beratungspraxis.